Alle Welt redet immer nur noch von Zielen. Ist es nicht viel schöner, das Leben einfach so zu nehmen, wie es ist? Jeden Tag auf sich zukommen zu lassen? Mit Hürden und Schwierigkeiten dann umzugehen, wenn sie auf einen zukommen? Und dann mal schauen, was das Jahr so bringt? Gute Vorsätze, das weiß ja inzwischen jedes Kind, sind doch eh für die Katz. Also wozu es versuchen?
Ich persönlich bin ja ein großer Fan von Zielen. Und weißt du auch, warum? Weil mir Ziele dabei helfen, aktive Entscheidungen zu treffen. Ich bin dadurch selbstwirksamer und denke bewusster darüber nach, wie ich eigentlich meine Lebenszeit verbringen will. Was sind für mich sinnvolle Tätigkeiten? Was möchte ich beitragen? In meiner Familie? In der Gesellschaft? Was sind meine Werte? Wie kann ich meine Handlungen danach ausrichten? Und wo stehe ich eigentlich jetzt in Bezug auf diese Erkenntnisse?
Klar, in den Tag hineinleben, das Leben nehmen, wie es ist, dahinter kann auch eine bewusste Haltung stehen, die von Neugier, Gelassenheit und Achtsamkeit genährt wird. Im Idealfall ergänzt solch eine Haltung das Streben nach Wirksamkeit und persönlichem Wachstum, das sich mit dem (Um-)Setzen von Zielen erreichen lässt. Manchmal vermute ich jedoch, dass Workshop-Teilnehmer*innen, die so etwas sagen, wie „Ich will das alles einfach auf mich zukommen lassen. Man weiß ja eh nie, was kommt.“ – dass die sich im Grunde passiv verhalten und Gefahr laufen, sich fremdgesteuert und damit eher unzufrieden fühlen werden.
Na? Hast du jetzt Lust, dir Zeit für deine Ziele zu nehmen? Yes!
Zeit ist auch das perfekte Stichwort. Denn für das Finden und Planen deiner Ziele brauchst du Zeit. Wenn Zeit bei dir ein notorisches Mangelgut ist, dann mach dir einen Zeitplan für die nächste Woche und blocke jede halbe Stunde, die du sonst mit anderen Dingen verbringst, und die nicht lebensnotwendig sind. Klassische Kandidaten hierfür sind: Aufräumen, Putzen, Social Media, Netflix, aufwändig kochen u.ä. Vielleicht kannst du dich für eine Woche auch weniger mit Freund*innen verabreden oder für deine Kinder Verabredungen mit ihren Freund*innen natürlich bei deren Eltern organisieren.
Ich gebe zu, dass mir selbst viele dieser Aktivitäten Spaß machen und ich mich einfach besser fühle, wenn die Wohnung aufgeräumt und sauber ist. Ich koche auch wahnsinnig gerne und betreibe dabei oft mehr Aufwand, als nötig ist, einfach weil es mir Spaß macht und ich das Ergebnis genieße. Auch die Verlockungen von Netflix sind manchmal groß… Trotzdem: Versuch das für diese eine Woche auf ein Minimum zu reduzieren. Auch wenn Ordnung und Klarheit für dich wichtige Werte sind (oder Spaß, Austausch, Unterhaltung – je nach Aktivität), all das kann eine Woche warten.
Der Zeitaufwand insgesamt beträgt zwischen 6 und 10 Stunden, je nachdem, wie ausführlich du das Ganze machst. Wenn dich diese Anzahl an Stunden abschreckt, teil sie dir in kleine Häppchen ein. Wenn es dir z.B. möglich ist, jeden Abend eine halbe Stunde zu blocken, dann hast du in einer Woche 3,5 Stunden geschafft. Und dann hängst du noch eine Woche dran. Höchstwahrscheinlich wird das aber gar nicht nötig sein, weil du beim Ausführen der folgenden Schritte wahrscheinlich immer mal wieder eine solche Begeisterung spüren wirst, dass aus der halben Stunde dann doch ein oder zwei Stunden werden. Wenn du mehr freie Zeit zur Verfügung hast, dann mach das Ganze am besten an zwei halben Tagen.
Und so geht es:
1. Rückblick auf das vergangene Jahr
Vielleicht hast du das schon gemacht, das neue Jahr hat ja gerade erst angefangen. Wenn nicht: es ist nicht zu spät dafür. Noch sind die Erinnerungen an das alte Jahr frisch und es ist eine gute Gelegenheit, darüber zu reflektieren. Dieser Schritt ist sehr wichtig, denn er hilft dir dabei herauszufinden, an welchem Punkt du gerade stehst. Und das ist ja nun mal der Ausgangspunkt für das kommende Jahr.
Du kannst das auf einem Spaziergang mit einem Freund/einer Freundin machen. Aber ich empfehle dir, deine Erkenntnisse danach aufzuschreiben. Oder du schreibst es gleich auf.
Folgende Fragen können dir dabei als Leitfaden dienen:
- Wie habe ich das letzte Jahr insgesamt empfunden? Wie habe ich mich gefühlt?
- Worüber habe ich mich besonders gefreut?
- Worauf bin ich stolz? Was habe ich erreicht? Was waren meine Erfolge?
- Womit habe ich mich schlecht gefühlt? (Traurig, wütend, ängstlich, usw.)
- Gab es wiederkehrende Muster? Möchtest du die beibehalten?
- Welche Fehler hast du gemacht?
- Was hast du (aus diesen Fehlern aber auch ganz generell) gelernt?
Schreib deine Antworten dazu auf. So kannst du im Laufe der Jahre immer mal wieder darauf zurückblicken und es wird dir viel leichter fallen, zu erkennen, in welche Richtung du dich bewegst.
2. Dein Leben in 3-5 Jahren
Je nachdem, ob es dir leichter fällt, drei oder fünf Jahre in die Zukunft zu träumen, wählst du das eine oder das andere. Mach es fest an der Jahreszahl. Wenn du dich für drei Jahre entscheidest, sind das also logischerweise das Jahr, in dem wir jetzt sind, plus drei Jahre.
Warum dieser Zeitraum?
Viele meiner Workshop-Teilnehmer*innen und Coaching-Kund*innen stöhnen, wenn ich diese Übung mit ihnen mache. Sie wollen entweder nur ein Jahr in die Zukunft schauen, oder gleich 50 Jahre. Der Zeitraum von 3-5 Jahren ist deshalb gut, weil er nah genug dran ist, damit wir noch einen spürbaren Bezug dazu aufbauen können, und gleichzeitig weit genug weg, um eine echte Veränderung herbeiführen zu können. Das, was Menschen sich sonst für ein Jahr vornehmen, ist meistens zu unrealistisch. Und zu deinen Jahreszielen kommen wir noch. Eins nach dem anderen.
Hierfür eignet sich ein Spaziergang zu zweit (oder allein mit Selbstgesprächen 😉 wirklich gut. Stellt euch dabei folgende Fragen:
- Was macht das Leben sinnvoll für dich?
- Was sind deine Werte?
- Wie stellst du dir dein Leben in 3 bzw. 5 Jahren idealerweise vor?
- Wie fühlst du dich?
- Was tust du? Womit und mit wem verbringst du deine Zeit?
- Wo bist du? Wie sieht es da aus? Wie riecht es?
- Was macht diese Vorstellung für dich so reizvoll?
Wenn du bei deiner Beschreibung ein Kribbeln spürst, eine Begeisterung, und echt Lust darauf hast, dann hast du alles richtig gemacht. Auch hier lohnt es sich, das Ganze aufzuschreiben und aufzubewahren. Stichpunkte reichen.
3. Welche 3-5 Ziele ergeben sich daraus für dich?
Nun geht es darum, konkrete Ziele zu formulieren. Ein paar Beispiele:
- Ich möchte in drei Jahren einen Job haben, wo ich jeden Morgen gern hingehe und mich am Abend nicht ausgelaugt und unzufrieden fühle, sondern erfüllt und zufrieden.
- Ich möchte in drei Jahren x Euro Einkommen (oder wenn du selbständig bist: Umsatz, besser noch: Gewinn) haben.
- Ich möchte in drei Jahren genug Geld und den passenden Job haben, um mit meiner Familie einen Monat verreisen zu können.
- Ich möchte in drei Jahren erfolgreich selbständig sein.
- Ich möchte in drei Jahren einen Marathon laufen.
- Ich möchte in drei Jahren auf dem Land leben.
- Ich möchte weniger Zeug besitzen und mich auf das Wesentliche konzentrieren.
So. Einige dieser Ziele (Nr. 1, 4 und 7) sind immer noch ziemlich unkonkret. Deshalb die wichtigste Frage, die du für diesen Schritt für jedes Ziel beantworten musst:
4. Woran erkenne ich, dass ich das Ziel erreicht habe?
- Finde für jedes deiner Ziele mindestens 5, besser noch 7 Gründe, WARUM du sie erreichen willst.
Das ist eine klassische Coaching-Frage, die die intrinsische Motivation erkunden will. Wenn du es nicht schaffst, mindestens 5 Gründe zu finden, WARUM du ein bestimmtes Ziel erreichen willst, dann liegt es wahrscheinlich daran, dass es gar nicht dein Ziel ist, sondern das von irgendwem anders. „Weil alle das wollen“, ist kein guter Grund und du solltest das Ziel schleunigst in den Mülleimer werfen. Wenn du jedoch mit Leichtigkeit 5 oder mehr Gründe findest, deutet das auf deine hohe intrinsische Motivation hin und es wird dir auch in schwierigen Phasen leichter fallen, am Ball zu bleiben. Besonders wenn du dir deine 5 Warums zu jedem Ziel über deinen Schreibtisch (oder irgendwo, wo du es jeden Tag siehst) hinhängst.
5. Welche dieser Ziele oder Teilziele willst du bis zum Ende dieses Jahres erreicht haben?
Und jetzt erst schaust du dir an, was du in DIESEM Jahr erreichen willst, was dich deinen längerfristigen Zielen näherbringen wird. Überlege auch, ob deine Jahresziele wirklich dazu beitragen, deine längerfristigen Ziele zu erreichen. Als nächstes steckst du dir Quartalsziele. Klingt sehr nach Unternehmensplanung, macht aber auch im privaten Leben Sinn.
Ich gebe dir ein Beispiel aus meinem Leben. Eines meiner privaten Ziele in diesem Jahr ist es, all meine Dinge nach der KonMarie-Methode (more or less, bei der Durchführung bin ich nicht so streng) auszusortieren, nur das zu behalten, was mir Freude macht, und alles andere zu spenden, zu verkaufen oder wegzuschmeißen. Weil ich zu denen gehöre, die immer zu wenig Zeit für solche „Privatvergnügen“ haben, bin ich großzügig mit meiner Zeit und stecke mir als Ziel, das bis zum Ende des zweiten Quartals, also bis zum 30. Juni, geschafft zu haben. (Die Chancen stehen übrigens gut, weil ich schon im letzten Jahr damit angefangen habe. Yay!) Dieses Ziel trägt übrigens insofern zu meinem längerfristigen Ziel bei, als dass ich Ruhe, Klarheit und Freude als tragende Säulen in meinem Leben haben will.
Wie ist es bei dir? Was sind deine Jahres- und Etappenziele?
Hier gibt es wirklich keine Wahl. Du musst sie aufschreiben! Und mehr noch: Dir alle drei Monate Erinnerungen in deinen Kalender eintragen, damit du alle drei Monate guckst, wie es läuft, wo es hakt, und was du eventuell anpassen und ändern musst. Und das wirst du, glaub mir! Der schönste Plan bringt dir nur ein befriedigendes Ergebnis, wenn du bereit bist, auf Unvorhergesehenes und Hindernisse flink und offen zu reagieren. Und damit sind wir auch schon beim letzten Punkt.
6. Was könnten mögliche Hürden für die Umsetzung deiner Pläne sein und was kannst du jetzt schon tun, um diese Hürden zu meistern?
Diese Frage macht den meisten Menschen nicht so viel Spaß. Aber dir hierfür noch die Zeit zu nehmen ist essentiell, denn hier geht es ganz konkret um die Umsetzung.
Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Meine größte Hürde ist, dass die einzigen Zeitfenster, die ich für das Aufräumen habe, am Abend sind, wenn die Kinder im Bett sind, oder am Wochenende, wenn ich sehr oft auch noch Arbeitstermine oder Verabredungen habe. Was mir helfen könnte? Mir zu Beginn jeder Woche wenigstens einen Zeitslot in den Kalender einzutragen und mich gegenüber meinen Liebsten zu verpflichten, diese Zeit zum Aufräumen zu nutzen.
So oder so ähnlich kannst du es auch machen.
Ich hoffe, dieser sehr ausführliche Artikel hilft dir dabei, dein Leben mitsamt deinen Monstern in die Hand zu nehmen!
Wenn du Fragen hast, schreib mir gern einen Kommentar, hier oder auf Facebook oder per Email.